Das Einheitliche Patentgericht und das Einheitspatent
Das Einheitliche Patentgericht und das Einheitspatent werden 2023 die Landschaft des geistigen Eigentums in Europa und der Welt verändern. Dann ist es möglich, mit nur einer einzelnen Patentklage vor dem Einheitlichen Patentgericht entsprechende Wirkung in 17 europäischen Ländern zu erzielen. Das Einheitspatent wird Patentschutz in all diesen Ländern bieten, ohne nationale Validierung.
BARDEHLE PAGENBERG zeigt Wege auf, wie Einheitspatente zu erlangen sind, was beim Opt-out bestehender Patente zu berücksichtigen ist oder welche Übergangszeiträume anwendbar sind. Informieren Sie sich zu den neuen Chancen auf Doppelpatentierung, den Durchsetzungs- und Verteidigungsstrategien vor dem Einheitlichen Patentgericht, zu Kosten und Gebühren sowie zu vielen weiteren relevanten Aspekten, damit Ihr Patentportfolio optimal für das neue System aufgestellt ist.
Diese Rechtsgebiete werden durch das Einheitliche Patentgericht und das Einheitspatent tangiert: Patentverletzung, Einsprüche und Patentnichtigkeit, Lizenzrecht & Technologietransfer, Arbeitnehmererfindungsrecht, Patentanmeldungen, Kartellrecht, Patentbewertung, Due Diligence und Geschäftsgeheimnisse.
Ein Einheitspatent ist ein europäisches Patent, für das vom Patentinhaber nach Erteilung erfolgreich ein Antrag auf einheitliche Wirkung gestellt wurde. Ein klassisches, vom EPA erteiltes europäisches Bündelpatent muss in den jeweiligen Mitgliedstaaten des EPA validiert werden; auch sind bei den jeweiligen nationalen Patentämtern Jahresgebühren zu zahlen, um das Patent in den jeweiligen Mitgliedstaaten zu erhalten. Im Gegensatz dazu ist für ein Einheitspatent nur eine Jahresgebühr zentral an das EPA zu zahlen. Das bedeutet auch, dass es nicht möglich ist, das Einheitspatent durch die Nichtzahlung der entsprechenden Jahresgebühr in ausgewählten Ländern teilweise aufzugeben.
Das Einheitliche Patentgericht wird nicht nur für Einheitspatente, sondern auch für alle bestehenden und zukünftigen europäischen Bündelpatente zuständig sein. Durch den Opt-Out wird das betreffende europäische Bündelpatent von der Jurisdiktion des Einheitlichen Patentgerichts ausgenommen. Für das betreffende Patent sind dann nur noch nationale Verfahren möglich, es sei denn, es erfolgt eine Rücknahme des Opt-Outs. Wird ein Opt-Out zurückgezogen, kann das Patent nicht erneut von der Jurisdiktion des Einheitlichen Patentgerichts ausgenommen werden. Hierbei ist zu beachten, dass ein Opt-Out für Einheitspatente nicht möglich ist.
Durch den Opt-Out wird ein Patent von der Zuständigkeit des Einheitlichen Patentgerichts ausgenommen. Es kann dann nicht mehr durch eine zentrale Nichtigkeitsklage am Einheitlichen Patentgericht angegriffen werden. Um das Einheitliche Patentgericht nach Erklärung eines Opt-Outs wieder ins Spiel zu bringen, beispielsweise, um ein Patent am Einheitlichen Patentgericht durchzusetzen, kann eine Rücknahme des Opt-Outs erfolgen. Die Rücknahme ist allerdings nicht mehr möglich, sobald ein nationales Verfahren angestrengt wurde, wenn also auf nationaler Ebene eine Nichtigkeitsklage eingereicht wurde. Das Risiko, nicht mehr in das System des Einheitlichen Patengerichts zurückkehren zu können, könnte ein Grund dafür sein, keinen Opt-Out zu erklären.
Die Verfahrenssprache vor der Zentralkammer wird diejenige sein, in der das Patent erteilt wurde (Deutsch, Englisch oder Französisch). Vor einer Lokal- oder Regionalkammer könnte die Verfahrenssprache die jeweilige Landessprache oder eine der Amtssprachen des EPA (Deutsch, Englisch oder Französisch) sein, sofern das durch das jeweilige Land der Lokal- oder Regionalkammer so festgelegt ist.
Eine Patentverletzungsklage aus einem Einheitspatent kann ausschließlich am Einheitlichen Patentgericht erhoben werden. Eine Patentverletzungsklage aus einem nationalen Patent kann ausschließlich vor den nationalen Gerichten erhoben werden. Hinsichtlich europäischer Bündelpatente besteht ein Übergangszeitraum von 7 Jahren, während dessen die Verletzungsklage sowohl vor dem Einheitlichen Patentgericht als auch vor nationalen Gerichten in den Ländern, in denen das betreffende Patent validiert ist, erhoben werden kann – es sei denn, das Patent wurde von der Zuständigkeit des Einheitlichen Patentgerichts ausgenommen; in diesem Fall sind ausschließlich die nationalen Gerichte zuständig. Diese parallele Zuständigkeit wird durch eine Klageerhebung vor dem Einheitlichen Patentgericht oder vor einem nationalen Gericht nicht beeinflusst. Das bedeutet: Selbst, wenn ein europäisches Bündelpatent vor einem nationalen Gericht gegen einen Verletzer durchgesetzt wird, kann es später noch vor dem Einheitlichen Patentgericht durchgesetzt werden, und umgekehrt.
Patentverletzungsverfahren vor dem Einheitlichen Patentgericht werden einem strengen und knappen Zeitplan unterliegen, der erstinstanzliche Entscheidungen innerhalb von 10 bis 12 Monaten vorsieht. Jede Entscheidung betrifft alle Mitgliedstaaten des Einheitlichen Patentgerichts. Das Europäische Patentgericht hat Europas führende Patentrichterinnen und Patentrichter ernannt. Die meisten von ihnen führten zuvor den Vorsitz an führenden nationalen Patentgerichten der Mitgliedstaaten. Dies gewährleistet am Einheitlichen Patentgericht höchste Qualität. Außerdem sind die Gerichtsgebühren relativ gering und die erstattungsfähigen Kosten relativ hoch, was das Einheitliche Patentgericht für Kläger attraktiv macht.