OLG Düsseldorf bestätigt Patentverletzung: Bardehle Pagenberg erstreitet für Prepaid Cards BVBA Klarheit über die Zurechnung von im Ausland verwirklichten Verfahrensschritten (I-2 U 51/08)

Pressemitteilung vom 13. Mai 2012

Das Oberlandesgericht Düsseldorf entschied, dass Lycatel (Ireland) Limited, Dublin und Lycatel Services Limited, London durch Verwendung eines Verfahrens zur Durchführung von im Voraus bezahlten Telefongesprächen den deutschen Teil des europäischen Patents 0 572 991 verletzten, trotz  Verwirklichung von Teilakten des klagepatentgemäßen Verfahrens im Ausland.

Mit dem Rechtstreit nimmt Prepaid Cards BVBA, ein belgisches Tochterunternehmen der IDT Corporation, Lycatel wegen des Vertriebs von Telefonrubbelkarten, wie sie häufig an Kiosken, Internetcafes und Bahnhöfen verkauft werden, in Anspruch.

Mit derartigen Telefonkarten werden in Europa seit Jahren von verschiedenen Unternehmen Milliarden-Umsätze erzielt. Auf diesen Telefonkarten sind Einwahlnummern und eine verdeckte Pin-Nummer abgedruckt. Nach Anwahl eines Computersystems des Anbieters der Telefonkarten mit dieser Einwahlnummer und nach Eingabe der Pin-Nummer wird es dem Benutzer ermöglicht, in Deutschland Telefongespräche entsprechend eines vorbestimmten Guthabens (dem Verkaufspreis der Karte) zu Endteilnehmern zu führen. Im Verfahren vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf gab Lycatel an, dass einige Verfahrensschritte nicht in Deutschland vorgenommen würden, da sich das verwendete Computersystem in England befinde.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat mit seiner Entscheidung vom 10. Dezember 2009 bestätigt, dass das von Lycatel für in Deutschland vertriebene Telefonkarten angewendete Verfahren das Klagepatent verletzt. Das Oberlandesgericht Düsseldorf folgte der Begründung der Klägerin, dass jedenfalls, wenn das verletzende Verfahren im Sinne eines hinreichenden Inlandsbezuges willentlich und zielgerichtet auf eine Wirkung und Verwertung im deutschen Markt zugeschnitten ist, die im Ausland vorgenommenen Teilakte zu den im Inland vorgenommenen Teilakten und letztlich dem inländischen Verletzungserfolg hinzugerechnet werden müssen. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat der Klage dementsprechend stattgegeben. Diese Entscheidung erweitert die Haftung des Benutzers eines patentierten Verfahrens in grenzüberschreitenden Situationen.

Insbesondere hat die Entscheidung im IT-, Computer- und Telekommunikationsbereich Bedeutung, wo durch „Offshoring“ von Verfahrensschritten ins Ausland versucht werden könnte, sich einer patentrechtlichen Haftung zu entziehen. Es bleibt abzuwarten, ob der Bundesgerichtshof Gelegenheit erhalten wird, die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf höchstrichterlich zu überprüfen.

Vertreter Prepaid Cards BVBA
BARDEHLE PAGENBERG (München):
Johannes Heselberger (Rechtsanwalt, European Patent Attorney, Partner),
Dr. Tilman Müller-Stoy (Rechtsanwalt, Partner),
Jörg Wahl (Rechtsanwalt)

Vertreter Lycatel
Osborne Clarke (Köln): Prof. Dr. Michael Trimborn (Rechtsanwalt, Partner)

Landgericht Düsseldorf, 4a. Kammer
Dr. Klaus Grabinski (Vorsitzender Richter)
Oberlandesgericht Düsseldorf, 2. Senat
Dr. Thomas Kühnen (Vorsitzender Richter)

© BARDEHLE PAGENBERG; 2010
Veröffentlichung einer redaktionell geänderten Fassung in JUVE Rechtsmarkt, März 2010

Datum


Autor

Johannes Heselberger
Rechtsanwalt & European Patent Attorney, Vertreter vor dem EPG, Partner

Johannes Heselberger

Tilman Müller-Stoy
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz, Wirtschaftsmediator (MuCDR), Vertreter vor dem EPG, Partner

Tilman Müller-Stoy