In den Verfahren vor dem Amt für geistiges Eigentum des Vereinigten Königreichs (UKIPO) muss kein Vertreter benannt werden. Erforderlich ist jedoch eine Zustellanschrift in einem EU-Mitgliedstaat oder in einem Mitgliedstaat des EWR. Für die Zeit nach dem 31. Dezember 2020 gilt dies nicht mehr: Das UKIPO hat mitgeteilt, dass ab dem 1. Januar 2021 für alle Verfahren vor dem UKIPO eine Zustellanschrift im Vereinigten Königreich erforderlich sein wird. Ausnahmen gelten für sog. comparable trademarks and re-registered designs , die auf der Grundlage bestehender Eintragungen im EUIPO als nationale UK-Marken und UK-Designs weitergelten.
Wir haben bereits ausführlich über die Auswirkungen des Brexit auf bestehende Unionsmarken und -designs berichtet (siehe zuletzt hier). Die Regierung des Vereinigten Königreichs hat kürzlich einen Leitfaden über die Notwendigkeit einer Zustellanschrift in Verfahren vor dem Amt für geistiges Eigentum des Vereinigten Königreichs (UKIPO) veröffentlicht. Im Folgenden erläutern wir die Situation nach dem 31. Dezember 2020, d.h. nach dem Ende der
Übergangsfrist.
1. Derzeitige Situation
Derzeit ist bei allen Verfahren vor dem UKIPO eine Zustellanschrift in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) (der alle EU-Mitgliedstaaten sowie Island, Liechtenstein und Norwegen umfasst) erforderlich. Dies bedeutet, dass Teilnehmer an solchen Verfahren mit einer Zustellanschrift in diesen Mitgliedstaaten sich selbst vertreten oder durch einen Rechtsanwalt oder zugelassenen Vertreter mit einer Zustellanschrift in einem dieser Mitgliedstaaten vertreten lassen können.
2. Das Austrittsabkommen
Artikel 55 Abs. 2 Satz 2, des Austrittsabkommens lautet wie folgt:
„2. [...] Inhaber der in Artikel 54 Absatz 1 genannten Rechte des geistigen Eigentums werden nach dem Ablauf des Übergangszeitraums drei Jahre lang nicht dazu verpflichtet, über eine Postanschrift im Vereinigten Königreich zu verfügen.“
3. Die Situation ab dem 1. Januar 2021
Ab dem 1. Januar 2021 benötigen Teilnehmer an Verfahren vor dem UKIPO eine Zustellanschrift im Vereinigten Königreich oder in Gibraltar oder auf den Kanalinseln (im Folgenden nur noch: Vereinigtes Königreich). Zustellanschriften in der EU oder im EWR werden dann also nicht mehr akzeptiert. Die Änderungen gelten nicht nur für Anmeldungen, die ab diesem Datum eingereicht werden, sondern betreffen auch Verfahren im Zusammenhang mit bestehenden Rechten, wie im Folgenden erläutert wird.
3.1 Neue Anmeldungen und Anträge
Ab dem 1. Januar 2021 müssen Personen, die beim UKIPO eine Patent-, Marken- oder Designanmeldung einreichen, eine Zustellanschrift im Vereinigten Königreich haben. Dies gilt auch für Marken- und Designanmeldungen, die unter Inanspruchnahme eines EUIPO-Anmeldedatums eingereicht werden, wie in Artikel 59 des Austrittsabkommens festgelegt.
Unternehmen, die ihre Rechte des geistigen Eigentums direkt anmelden, haben unter Umständen eine Niederlassung oder Tochtergesellschaft im Vereinigten Königreich, die als Zustellanschrift angegeben werden könnte. Für Personen, die Anmeldungen im Vereinigten Königreich bisher über einen Rechtsanwalt oder einen zugelassenen Vertreter mit Sitz in der EU oder dem EWR (aber nicht im Vereinigten Königreich) eingereicht haben, bedeutet das Erfordernis einer Zustellanschrift im Vereinigten Königreich nun in der Praxis, dass sie einen Vertreter im Vereinigten Königreich oder an einem anderen Ort, z. B. in Irland, der Büros im Vereinigten Königreich (einschließlich Nordirland) hat, bestellen müssen.
3.2 Ausnahmen für „comparable trademarks“ und „re-registered designs“
Gemäß dem Austrittsabkommen wird das UKIPO über 2 Millionen VK-Rechte auf der Grundlage bestehender Eintragungen von Unionsmarken und -designs („comparable trademarks“ und „re-registered designs“) schaffen. Gemäß Artikel 55 Abs. 2 des Austrittsabkommens kann das UKIPO während eines Zeitraums von drei Jahren nach dem 1. Januar 2021 für diese Rechte keine Zustellanschrift im Vereinigten Königreich verlangen. Inhaber solcher Marken und Designs können ihre Zustellanschrift während des Zeitraums von drei Jahren ändern und eine neue Zustellanschrift überall in der EU oder im EWR oder im Vereinigten Königreich wählen.
Die Beschränkung im Austrittsabkommen bedeutet auch, dass das UKIPO bei neuen mehrseitigen Verfahren im Zusammenhang mit diesen neu geschaffenen VK-Rechten keine VK-Zustellanschrift verlangen wird, selbst wenn diese Verfahren am oder nach dem 1. Januar 2021 eingeleitet werden. Diese Verfahren umfassen z. B. Widersprüche, Nichtigkeits- und Verfallsverfahren, einschließlich solcher Verfahren, die auf der Grundlage eines dieser neu entstandenen Rechte eingeleitet werden.
Die Ausnahme für comparable trademarks und re-registered designs gilt nicht für aus nach dem Madrider Protokoll eingetragenen internationalen Marken entstandene comparable trademarks mit Erstreckung auf die EU; sie gilt auch nicht für aus nach der Genfer Akte zum Haager Musterabkommen eingetragenen internationalen Designs entstandene re-registered designs mit Erstreckung auf die EU.
3.3 Europäische Patente
Erteilte europäische Patente, in denen das Vereinigte Königreich benannt ist, werden automatisch in das Register des UKIPO übertragen. Es ist keine Validierung erforderlich. Solche Patente werden nur mit den Angaben des Anmelders übertragen, da das UKIPO eine Vollmacht benötigt, bevor es die Bestellung oder den Wechsel eines Vertreters anerkennen kann. Dies ist aktuelle Praxis und wird sich nicht ändern.
Möchten Inhaber eines europäischen Patents ab dem 1. Januar 2021 einen Vertreter bestellen, muss dieser eine Zustellanschrift im Vereinigten Königreich aufweisen. Es kann Fälle geben, in denen es für ein europäisches Patent bereits eine Zustellanschrift im Vereinigten Königreich gibt, z. B. die Adresse eines britischen Vertreters, der vor dem Europäischen Patentamt tätig war. Das UKIPO benötigt trotzdem eine Vollmacht für diesen Vertreter, aus der hervorgeht, dass der Vertreter berechtigt ist, im Namen des Inhabers im Vereinigten Königreich zu handeln.
3.4 Bestehende Rechte: Angriff und Verteidigung
Eingetragene Marken und Designs sowie erteilte Patente können im Rahmen eines Nichtigkeits- oder Verfallsverfahrens angegriffen werden. Anhängige Markenanmeldungen können nach ihrer Veröffentlichung durch einen Widerspruch angefochten werden. Für den Fall, dass ein solches Schutzrecht am oder nach dem 1. Januar 2021 angegriffen wird und die Zustellanschrift des Schutzrechtsinhabers oder des Angreifers gegenwärtig außerhalb des Vereinigten Königreichs liegt, muss eine Zustellanschrift im Vereinigten Königreich angegeben werden, um an dem Verfahren teilnehmen zu können. In ähnlicher Weise muss für die Einlegung eines Widerspruchs eine Zustellanschrift im Vereinigten Königreich angegeben werden, außer wenn der Widerspruch auf Grundlage eines neu geschaffenen Schutzrechts erhoben wird. Auch in Fällen der Anfechtung eines erteilten Patents muss eine Zustellanschrift im Vereinigten Königreich angegeben werden.
3.5 Handlungen oder Verfahren bezüglich eingetragener Rechte
Bei eingetragenen Marken oder Designs ist eine Zustellanschrift im Vereinigten Königreich für Handlungen zur Aktualisierung des Registers nicht erforderlich. Dies entspricht gegenwärtigen Rechtslage, wonach für solche Handlungen keine gültige Zustelladresse erforderlich ist. Dazu gehören Verlängerungen, Verzichtserklärungen, das Hinzufügen von Einzelheiten eines Lizenzvertrags, Adressänderungen oder die Berichtigung eines Fehlers oder einer Auslassung im Register.
Auch bei erteilten Patenten ist für die Verlängerung keine Zustellanschrift im Vereinigten Königreich erforderlich. Dies steht im Einklang mit den derzeitigen Verlängerungsvorschriften, die überhaupt keine gültige Zustellanschrift erfordern. Für alle anderen Handlungen oder Verfahren im Zusammenhang mit erteilten Patenten wird eine Zustellanschrift im Vereinigten Königreich erforderlich sein.
Eine Zustellanschrift im Vereinigten Königreich wird bei allen eingetragenen oder gewährten Rechten benötigt, wenn der Antrag eine Änderung der Art des Rechts beinhaltet. Dies gilt z. B. für Anträge auf Teilung einer eingetragenen Marke.
3.6 Vor dem 1. Januar 2021 begonnene Verfahren
Eine Zustellanschrift im Vereinigten Königreich ist in den folgenden Szenarien nicht erforderlich:
a. Anhängige Anmeldungen
Für Anmeldungen, die vor dem 1. Januar 2021 eingereicht wurden, kann eine derzeitige Zustellanschrift außerhalb vom Vereinigten Königreich beibehalten werden. Wird jedoch am oder nach dem 1. Januar 2021 ein Verfahren gegen ein Schutzrecht, z. B. ein Widerspruchsverfahren gegen eine Markenanmeldung, eingeleitet, ist eine Zustellanschrift im Vereinigten Königreich erforderlich.
b. Verfahren, die vor dem 1. Januar 2021 anhängig waren
Wenn ein Verfahren vor dem 1. Januar 2021 begonnen hat und am 1. Januar 2021 noch anhängig und wenn die Partei eine Zustellanschrift in der EU oder im EWR hatte, ist auch danach eine Zustellanschrift im Vereinigten Königreich nicht erforderlich. Dies gilt auch für Verfahren wie Widersprüche oder Nichtigkeits- und Verfallsverfahren. Wenn in solchen anhängigen Verfahren eine Änderung der Anschrift erforderlich ist, kann als neue Anschrift auch eine Anschrift in der EU oder im EWR angegeben werden. Wenn die bisherige Adresse im Vereinigten Königreich lag, muss die neue Adresse allerdings ebenfalls im Vereinigten Königreich liegen.
c. Vor dem 1. Januar 2021 eingereichte Anträge auf ex-parte-Anhörungen, Fristverlängerungen und Teilungen in Bezug auf Schutzrechtsanmeldungen
Für Anträge auf eine mündliche Verhandlung, eine Fristverlängerung oder auf Teilung einer Anmeldung, die sich auf eine vor dem 1. Januar 2021 eingereichte Anmeldung beziehen, ist eine Zustellanschrift im Vereinigten Königreich nicht erforderlich , selbst wenn der Antrag selbst am oder nach dem 1. Januar 2021 gestellt wird. Wenn nach dem 1. Januar 2021 ein Antrag auf Teilung einer vor dem 1. Januar 2021 eingereichten Anmeldung gestellt wird, kann die neue Teilanmeldung dieselbe Zustellanschrift wie die ursprüngliche Anmeldung beibehalten.
Wenn gegen eine Markenanmeldung vor dem 1. Januar 2021 Widerspruch erhoben wurde und ein Antrag auf Teilung der Anmeldung am oder nach dem 1. Januar 2021 eingereicht wird, kann die bestehende Zustelladresse für die ursprüngliche Anmeldung und die Teilanmeldung beibehalten werden.
d. Designs mit aufgeschobener Bekanntmachung
Für Designanmeldungen, die vor dem 1. Januar 2021 beim UKIPO mit einem Antrag auf Aufschiebung der Bekanntmachung eingereicht werden, die nach dem 31. Dezember 2020 abläuft, kann die bestehende Zustellanschrift, auch für den Antrag auf Bekanntmachung, beibehalten werden.
1. https://www.gov.uk/guidance/address-for-service-for-intellectual-property-rights-from-1-january-2021