Das EUIPO (fünfte Beschwerdekammer) hat die Eintragung einer Klangmarke zurückgewiesen, die den Effekt der Beschleunigung eines Fahrzeugs bzw. dessen Leistungssteigerung wiedergibt. Einem solchen Zeichen mangelt es dem EUIPO zufolge an der notwendigen Unterscheidungskraft. Zu der Frage, ob eine solche Klangmarke auch beschreibend ist oder ein Freihaltebedürfnis besteht, äußerte sich das EUIPO allerdings nicht. In Deutschland hingegen war die Anmelderin, die Porsche AG, erfolgreich und erlangte Schutz für diese Klangmarke.
I. Schutzfähigkeit von Klangmarken in der EU
Wahrnehmbare Zeichen sind als Marke eintragungsfähig, wenn sie geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (Art. 4 Unionsmarkenverordnung, UMV). Neben den gängigsten Markentypen wie Wortmarken oder Bildmarken besteht eine grundsätzliche Schutzfähigkeit aber auch für anders wahrnehmbare Zeichen. Das schließt auch akustisch wahrnehmbare Zeichen ein, also Klänge. Die Markenfähigkeit sogenannter Klangmarken ist daher sogar explizit festgeschrieben (Art. 4 UMV).
Geschützt sind auf dieser Basis in der EU insbesondere in der Werbung verbreitete Erkennungsmelodien. Darunter auch ikonische „Jingles“ wie beispielsweise die Intros der großen Filmproduzenten MGM Metro-Goldwyn-Mayer (der ikonische „Lion Roar“, EUTM 005170113, hier abrufbar) oder das Intro von Twentieth Century Fox (EUTM 012438628, hier abrufbar) die im Vorspann vieler bekannter Filmproduktionen zu hören sind. Auch ist der Klang beim Hochfahren eines Apple-Computers entsprechend geschützt (EUTM 011051951, hier abrufbar).
Allerdings haben Klangmarken in der markenrechtlichen Praxis eine eher geringe Bedeutung. So sind derzeit beim EUIPO nur knapp 300 solcher Klangmarken überhaupt eingetragen und mithin geschützt – eine äußerst geringe Anzahl, wenn man bedenkt, dass jährlich insgesamt über 130.000 Marken vom EUIPO neu eingetragen werden. Dementsprechend ist auch die bisher ergangene Behandlung von Klangmarken in der Praxis der Ämter und der Rechtsprechung noch nicht besonders ausgeprägt.
Nun ist dieses Feld allerdings um eine Entscheidung der Beschwerdekammer des EUIPO reicher.
II. Die Entscheidung des EUIPO
Der deutsche Sportwagenhersteller, die Porsche AG, hatte Ende 2022 die Eintragung einer neuen Klangmarke beantragt (EUTM 018795489, hier abrufbar), unter anderem für „Fahrzeuge und deren Teile“ in Klasse 12. Es handelt sich, in den Worten von Porsche, um eine futuristische, melodiöse und dynamische Tonfolge, die künstlich erzeugt worden sei. Sie sei nicht als Motorengeräusch zu verstehen, denn sie habe weder mit dem Geräusch eines Verbrennungsmotors (ein solcher klinge ganz anders) noch eines Elektromotors (dieser sei lautlos) etwas gemein. Vielmehr könnte er auch beim Öffnen einer Türe oder dem Verschließen eines Fahrzeugs Verwendung als Erkennungszeichen finden.
Dies sah das EUIPO bereits in erster Instanz bei der Eintragungsüberprüfung anders (Entscheidung vom 25. August 2023, hier abrufbar). Insbesondere bewertete das EUIPO das Verständnis des Verkehrs zu der Klangfolge anders. Der Klang könne nämlich als „elektronisch erzeugter synthetisierter Klang wahrgenommen werden, der das wachsende Geräusch eines beschleunigenden Motors wiedergibt“. Es handele sich daher um einen Klang, der das Geräusch eines Verbrennungsmotors nachahme, weswegen die Klangfolge insgesamt typisch für ein Motorengeräusch sei. Zudem sei entscheidend, dass der Klang keine „auffallenden oder einprägsamen Elemente“ enthalte. Es sei dem Verkehr daher unmöglich, die genaue Tonfolge einem bestimmten Hersteller zuzuordnen. Nach erstinstanzlicher Prüfung des EUIPO fehlt der Klangmarke daher jegliche Unterscheidungskraft. Sie ist daher gem. Art. 4 UMV nicht geeignet, die Waren oder Dienstleistungen der Anmelderin von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden und ist mithin nicht schutzfähig. Aus diesem Grund wurde die Anmeldung zurückgewiesen.
Porsche legte Beschwerde gegen diese Entscheidung ein und verwies insbesondere darauf, dass die Tonfolge gerade nicht von oder im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren oder Dienstleistungen (also von Fahrzeugen oder deren Teilen, z. B. Motoren) erzeugt würde, sondern eigens komponiert und künstlich erzeugt ist. Wenn die Tonfolge aber nicht realistisch sei, könne sie auch nicht typisch für reale Waren oder Dienstleistungen (also Fahrzeuge) sein. Insbesondere handele es sich nicht um ein Motorengeräusch – und ein „unrealistisch“ veränderter Motorenklang spreche gerade für die Unterscheidungskraft des Klanges.
Diese Argumentation überzeugte die Beschwerdekammer des EUIPO nicht. Es bestätigte in seiner Entscheidung (vom 20. Juni 2024, hier abrufbar) die vorherige Entscheidung und wies die Eintragung im Amtsverfahren endgültig zurück. Dabei bestätigte die Beschwerdekammer vor allem die Begründung der zuvor ergangenen Entscheidung. Insbesondere treffe es zu, dass die Tonabfolge den Effekt einer Beschleunigung oder Leistungssteigerung eines Fahrzeugs wiedergebe. Damit sei klar, dass die Klangabfolge „kein Tonbild darstellt, das von den beanspruchten Waren völlig unabhängig und bezugslos ist“. Ganz im Gegenteil gebe die Klangabfolge den Effekt einer Beschleunigung oder Leistungssteigerung von Fahrzeugen und Autos wieder, was ein typisches Merkmal der beanspruchten Waren und Dienstleistungen sei. Gerade im Hinblick auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen (rund um Fahrzeuge und Autos) werde der Verkehr diese Tonabfolge daher unmittelbar als Beschleunigung oder steigende Leistung von entsprechenden Waren oder Dienstleistungen wahrnehmen.
III. Bemerkungen
Diese Auffassung des EUIPO, von erster Instanz und Beschwerdekammer gleichermaßen, erscheint nachvollziehbar und im Ergebnis richtig, ein Gang vor das Europäische Gericht für die Anmelderin nicht vielversprechend. Dennoch gibt die Entscheidung Anlass einen zentralen Aspekt, auf dem sie beruht, zu hinterfragen.
1. Keine Berücksichtigung des Eintragungshindernisses eines beschreibenden Charakters
Die rechtliche Begründung der Beschwerdekammer stellt ausschließlich auf die fehlende Unterscheidungskraft gem. Art. 7 Absatz 1 b) UMV ab. Das Schutzhindernis eines möglicherweise beschreibenden Charakters der Tonfolge i.S.d. Art. 7 Absatz 1 c) UMV behandelt sie hingegen nicht. Insbesondere zieht sie dieses Eintragungshindernis nicht in Erwägung. Liest man jedoch die Begründung des EUIPO in beiden Instanzen genau, so klingt vor allem an, dass das EUIPO die Tonfolge als beschreibend auffasst, weil sie „ein typisches Merkmal von Autos repräsentiert“, nämlich den Effekt der Beschleunigung bzw. Leistungssteigerung eines Fahrzeugs. Insofern wäre auch eine rechtliche Auseinandersetzung wünschenswert gewesen mit der Frage, welche Besonderheiten für das Eintragungshindernis eines beschreibenden Charakters für Klangmarken gelten, also inwieweit eine Klangmarke gem. Art. 7 Abs. 1 c) UMV beschreibend sein kann. Ein Umstand übrigens, zu dem auch bereits eine der ersten Entscheidungen des Europäischen Gerichts (EuG) zu Klangmarken geschwiegen hatte (EuG T-668/19; ECLI:EU:T:2021:420 – Kombination von Klängen beim Öffnen einer Dose mit einem kohlensäurehaltigen Getränk, hier abrufbar).
Insoweit erscheint die Entscheidung des EUIPO zwar in ihrem Ergebnis richtig. Nach hier vertretener Auffassung hat das EUIPO diese richtige Begründung allerdings rechtlich falsch verortet. Denn der Klangmarke mangelt es wohl nicht per se an der Unterscheidungskraft. Stattdessen wäre ihr die Eintragung vielmehr deshalb zu versagen, weil sie beschreibend für die beanspruchten Waren- und Dienstleistungen ist.
Es ist markenrechtlich anerkannt, dass bereits das Vorliegen eines Mindestmaßes an Unterscheidungskraft das Eintragungshindernis des Art. 7 Abs. 1 b) UMV ausschließt (EuG T-34/00; ECLI:EU:T:2002:41 – Eurocool, hier abrufbar). Ein solches Mindestmaß wurde vom Europäischen Gericht – z. B. bei Bildmarken – für einfache geometrische Grundfiguren wie einen Kreis, eine Linie oder ein Rechteck nicht anerkannt (EuG T-139/08; ECLI:E U:T:2009:364 – Darstellung eines halben Smileys, hier aufrufbar). Überträgt man diesen Gedanken auf Klangmarken, so würde es ganz simplen Klängen (einzelnen Tönen oder banalen Tonfolgen) an Unterscheidungskraft fehlen. Sobald dieses Mindestmaß aber überschritten ist, kann die Marke als unterscheidungskräftig angesehen werden.
Die Beschwerdekammer kommt bei der hier besprochenen Anmeldung zu dem Ergebnis, dass das angemeldete Zeichen „insgesamt einfach und banal“ ist. Gleichzeitig aber stellt die Beschwerdekammer fest, dass es sich um eine sich „progressiv verstärkende Tonabfolge“ handelt und erläutert das sich über 16 Sekunden stetig verändernde Klangbild. Dies ist nach der hier vertretenen Auffassung nur schwer mit der Annahme einer sehr banalen bzw. einfachen Klangfolge zu vereinbaren. Zuzustimmen ist der Beschwerdekammer allerdings darin, dass die Tonfolge vom Verkehr als die Beschleunigung eines Fahrzeugs darstellend wahrgenommen wird, und damit „ein typisches Merkmal von Autos repräsentiert“. Insofern müsste für den Klang einer Beschleunigung in Bezug auf eine Klangmarke dasselbe gelten, was für das Wort „Beschleunigung“ in Bezug auf eine Wortmarke zu gelten hat: Beiden Zeichen ist ein beschreibender Charakter immanent, der dem Zeichen die Schutzfähigkeit nach Art. 7 Absatz 1 c) UMV nimmt. Dieser Umstand dürfte dann allerdings, wie bereits dargelegt, richtigerweise im Rahmen des Art. 7 Abs. 1 c) UMV verortet sein, also im Rahmen des Eintragungshindernisses des beschreibenden Charakters, nicht im Rahmen des Art. 7 Abs. 1 b) UMV, also der mangelnden Unterscheidungskraft.
Damit hat das EUIPO die Anmeldung zu Recht zurückgewiesen. Das entscheidende Eintragungshindernis dürfte aber wohl eher der beschreibende Charakter gewesen sein, nicht die fehlende Unterscheidungskraft.
2. Vergleich mit einer voreingetragenen Klangmarke in Klasse 12
In diesem Zusammenhang lohnt auch ein Vergleich mit der zugunsten des deutschen Autoherstellers BMW ebenfalls in Klass 12, unter anderem für Autos, voreingetragenen Klangmarke (EUTM 018424124, hier abrufbar). Auf diese hatte auch Porsche in dem Verfahren hingewiesen und war der Auffassung, auch dies spreche für die Eintragungsfähigkeit ihrer Anmeldung, weil diese beiden Klangmarken (die für BMW eingetragene und diejenige, die Porsche angemeldet hat) vergleichbar seien. Unabhängig davon, dass Voreintragungen grundsätzlich nicht bindend sind, illustriert dieser Vergleich allerdings gerade die Unterschiede der beiden Klangmarken: Während nämlich die zurückgewiesene Anmeldung der Porsche AG tatsächlich eine beschleunigungstypische Klangfolge beschreibt, ruft die eingetragene Klangmarke von BMW eine vergleichbare (oder andere konkrete) Assoziation nicht hervor oder beschreibt sie gar.
3. Keine Berücksichtigung eines Freihaltebedürfnis
Gleichzeitig hätte es sich angeboten, auch zur Frage des Freihaltebedürfnisses Stellung zu beziehen. Denn wenn das EUIPO davon ausgeht, dass der in Rede stehenden Klangmarke der Schutz zu versagen ist, weil der Klang auf die Beschleunigung von Autos hinweist (unabhängig davon, ob das Eintragungshindernis mangelnde Unterscheidungskraft oder ein beschreibender Charakter ist), dann liegt auch die Annahme eines Freihaltebedürfnisses (z. B. für Autos) nah. Dass ein Freihaltebedürfnis gerade auch bei Klangmarken in Betracht kommt, hatte das Europäische Gericht in der bereits benannten frühen Entscheidung zu Klangmarken (EuG T-668/19; ECLI:EU:T:2021:420 – Kombination von Klängen beim Öffnen einer Dose mit einem kohlensäurehaltigen Getränk, hier abrufbar) bereits festgestellt.
4. Entgegenstehende Entscheidung des DPMA
Zuletzt ist noch zu erwähnen, dass die Anmelderin, die Porsche AG, in Bezug auf die nun zurückgewiesene Klangmarke auch nach der endgültigen Zurückweisung durch das EUIPO nicht schutzlos ist. Interessanterweise hat nämlich das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) die Klangmarke eingetragen, ohne die Unterscheidungskraft in Frage zu stellen oder einen beschreibenden Charakter anzunehmen (DE302022118770, hier abrufbar).