Patentnichtigkeitsverfahren

IP Fachbroschüre

Das deutsche Patentstreitsystem ist zweigeteilt: Die Verletzung eines Patents wird vor spezialisierten Landgerichten verhandelt, während der Rechtsbestand in einem separaten Verfahren von einem einzelnen Bundesgericht, dem Bundespatentgericht, geprüft wird. In Patentverletzungsverfahren ist die mögliche Nichtigkeit des Klagepatents kein gültiges Verteidigungsmittel. Der Beklagte kann jedoch eine „Nichtigkeits- klage“ beim Bundespatentgericht einreichen.In Anbetracht eines parallel anhängigen Nichtigkeitsverfahrens kann ein Landgericht ein Verletzungsverfahren aussetzen, bis über den Rechtsbestand des Klagepatents entschieden worden ist.

Nach Ablauf der Einspruchsfrist (neun Monate nach Erteilung eines Patents) kann jederzeit ein Patentnichtigkeitsverfahren gegen ein deutsches Patent oder gegen den deutschen Teil eines europäischen Patents eingeleitet werden. Ist jedoch ein Einspruchsverfahren noch anhängig, ist die Einleitung eines Patentnichtigkeitsverfahrens regelmäßig unzulässig bis das Einspruchsverfahren abgeschlossen ist.

Gegen ein in Kraft stehendes Patent kann jedermann ein Nichtigkeitsverfahren einleiten. Es bedarf dazu keines besonderen rechtlichen Interesses. Insbesondere ist dafür nicht erforderlich, dass der Nichtigkeitskläger wegen Verletzung des Patents verklagt worden ist, oder dass ihm dies angedroht worden ist. Nach Ablauf eines Patents kann ein Nichtigkeitsverfahren
jedoch nur von einem Kläger eingeleitet werden, der ein besonderes rechtliches Interesse an der Feststellung der Nichtigkeit des Patents hat. Ein solches Interesse kann sich beispielsweise aus einem beendeten oder anhängigen Rechtsstreit oder aus einer Abmahnung ergeben, mit der Schadensersatz aufgrund der Verletzung des Patents vor seinem Ablauf geltend gemacht wird.

Ein Nichtigkeitsverfahren kann auch von einem „Strohmann“ eingeleitet werden, d. h. von einer Partei, die zwar in eigenem Namen aber verdeckt für einen Dritten handelt. Wird dem Patentinhaber bekannt, um welche Partei es sich eigentlich handelt, so ist der Patentinhaber berechtigt, jede Verteidigung geltend zu machen, die gegen die Partei vorgebracht werden könnte, für die der Strohmann handelt. Zu solchen möglichen Verteidigungsmitteln zählen beispielsweise eine bestehende Nichtangriffsabrede, eine unzulässige Rechtsausübung des Abtretenden etc.

Der in der Klage anzugebende Beklagte ist immer die im offiziellen deutschen Patentregister als Patentinhaber eingetragene (juristische) Person. Dies gilt auch dann, wenn das Patent in der Zwischenzeit auf einen Dritten übertragen worden ist, ohne dass die Übertragung im Patentregister bislang nachvollzogen worden ist.

Das erstinstanzliche Patentnichtigkeitsverfahren wird vor dem Bundespatentgericht in München verhandelt. Derzeit entscheiden sechs Senate des Bundespatentgerichts (der
2. bis 7. Senat) über Patentnichtigkeitsklagen. Jeder Senat besteht aus fünf Richterinnen bzw. Richtern, von denen drei technisch und zwei juristisch ausgebildet sind. Die technisch ausgebildeten Richter/-innen sind üblicherweise ehemalige Prüfer/-innen des deutschen Patent- und Markenamts.

Den Vorsitz führt immer ein Jurist. Während die zwei juristisch ausgebildeten Richter/-innen dauerhaft einem Senat zugeteilt sind, werden die drei technisch ausgebildeten Richter/-innen abhängig vom technischen Fachgebiet des angegriffen Patents für den Einzelfall ausgewählt.

Beim Bundespatentgericht werden jährlich 200 bis 250 Nichtigkeitsklagen eingereicht. In etwa drei Viertel der Fälle hat die Klage Erfolg und das Patent wird entweder vollständig für nichtig erklärt oder sein Umfang wird beschränkt. Im verbleibenden Viertel der Fälle wird das Patent wie erteilt aufrechterhalten.

Die unterlegene Partei kann gegen die Entscheidung des Bundespatentgerichts beim Bundesgerichtshof Berufung einlegen. Darüber entscheidet dann der auf Patentrecht spezialisierte, aus fünf juristisch ausgebildeten Richterinnen bzw. Richtern bestehende, 10. Zivilsenat. Dieser Senat verhandelt auch über die Revisionen in Patentverletzungsverfahren.

Der Anteil der in der Berufung aufgehobenen erstinstanzlichen Entscheidungen liegt bei etwa 40 Prozent. Der Bundesgerichtshof hebt häufiger Entscheidungen auf, in denen das Patent in der ersten Instanz für nichtig erklärt wurde, als solche, in denen das Patent aufrechterhalten wurde.

Ein Kläger kann seine Nichtigkeitsklage nur auf die folgenden Gründe stützen:

  • mangelnde Patentfähigkeit, d. h. der Gegenstand des erteilten Patents ist vom Patentschutz grundsätzlich ausgeschlossen oder durch den Stand der Technik vorweg genommenen oder nahegelegt,
  • mangelnde Ausführbarkeit,
  • unzulässige Erweiterung des erteilten Patents über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus,
  • Erweiterung des Schutzumfangs des erteilten Patents während eines vorangegangenen Einspruchs- oder Beschränkungsverfahrens, und/oder
  • „Diebstahl“ der Erfindung eines anderen durch den Patentinhaber.

Der letztgenannte Grund kann nur von einer Partei geltend gemacht werden, von welcher die Erfindung angeblich gestohlen wurde.

Eine Nichtigkeitsklage kann sowohl auf neuen Stand der Technik als auch auf Stand der Technik gestützt werden, der in vorausgegangenen Prüfungs- und / oder Einspruchsverfahren bereits berücksichtigt worden ist.

In einem Patentnichtigkeitsverfahren wird eine Partei üblicherweise von einem Team von Patentanwältinnen bzw. -anwälten vertreten. Ist ein paralleles Verletzungsverfahren anhängig, so ist ferner die Beteiligung des Teams von Rechtsanwältinnen bzw. -anwälten, das die Partei in dem Verletzungsverfahren vertritt, zur genauen Abstimmung der Argumente höchst ratsam. In der ersten Instanz untersucht und bewertet das Bundespatentgericht die Tatsachen grundsätzlich von Amts wegen. Das Gericht kann daher von sich aus neue Dokumente ausfindig machen und in das Verfahren einbringen. In der Praxis sind jedoch in aller Regel die von den Parteien vorgebrachten Tatsachen und Argumente entscheidend für den Ausgang des Falles.

In unserer Kanzlei werden die tatsächlichen und rechtlichen Argumente für einen Fall immer in enger Zusammenarbeit zwischen den Patent- und Rechtsanwältinnen bzw. -anwälten entwickelt. Unterstützt werden sie dabei durch ein Team von Patentingenieurinnen und -ingenieuren und modernsten Recherchewerkzeugen, um schnell relevante Dokumente zum Stand der Technik ausfindig zu machen und inhaltlich so aufzubereiten, dass darauf erfolgreiche Angriffs- oder Verteidigungsargumente gestützt werden können. 

Der Patentinhaber kann die Patentansprüche im Laufe des Nichtigkeitsverfahrens im Rahmen der ursprünglichen Offenbarung und im Rahmen des Schutzumfangs des erteilten Patents ändern, um Nichtigkeitsgründen in der Klage Rechnung zu tragen.

Anspruchsänderungen können bedingungslos eingeführt werden oder unter der Bedingung, dass die erteilten Ansprüche oder andere geänderte Ansprüche nicht akzeptiert werden. Praktisch bedeutet dies, dass der Patentinhaber das Patent mit einem Hauptantrag und einer Reihe von Hilfsanträgen als Rückfallpositionen verteidigen kann, was verschiedenste Überlegungen mit sich bringt und eine sorgfältig durchdachte Strategie erfordert.

Angesichts des Fachwissens der drei technisch ausgebildeten Richter/-innen im Senat bestellt das (erstinstanzliche) Bundespatentgericht so gut wie nie einen Gerichtsgutachter. Die Parteien können jedoch ihre Eingaben und Argumente mit einem Privatgutachten untermauern. 

Gemäß den Verfahrensregeln für das zweitinstanzliche Verfahren hat der Bundesgerichtshof seine Entscheidung grundsätzlich anhand der in der ersten Instanz ermittelten Tatsachen zu treffen. Es gibt jedoch Ausnahmen, beispielsweise falls es bestimmte Hinweise gibt, die Zweifel an den vom Bundespatentgericht ermittelten entscheidungsrelevanten Tatsachen aufkommen lassen. Neue Tatsachen können grundsätzlich nur sehr eingeschränkt vorgebracht werden, beispielsweise, falls sie eine Frage betreffen, die vom Bundespatentgericht offensichtlich übersehen oder für unwichtig gehaltenwurde, oder falls der mangelnde Vortrag nichtauf Fahrlässigkeit der jeweiligen Partei beruht.

Im Gegensatz zur Bewertung der Tatsachen wird die Bewertung der Rechtsfragen in der zweitenInstanz neu durchgeführt. In der Vergangenheit hat der Bundesgerichtshof viele wichtige Probleme zu rechtlichen Fragen geklärt, so etwa zur Bestimmung des Ausbildungsstandards des relevanten Fachmanns, zur Auslegung der Patentansprüche und zur Bestimmung von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit. Auch der Bundesgerichthof bestellt in so gut wie keinen Fällen mehr einen Gerichtsgutachter.

Erstinstanzliche Patentnichtigkeitsverfahren werden innerhalb von etwa zwei bis drei Jahren entschieden, wobei die Dauer des Verfahrens stark vom technischen Gebiet des angegriffenen Patents abhängt; das Berufungsverfahren vor dem Bundesgerichtshof dauert üblicherweise weitere zwei Jahre. 

Ein typisches Nichtigkeitsverfahren läuft folgendermaßen ab (alle Zeitangaben sind Durchschnittswerte und können abhängig von den Umständen des jeweiligen Falles stark variieren):

  • Der Kläger leitet das Verfahren ein, indem er eine detaillierte Klageschrift beim Bundespatentgericht in München einreicht und eine Vorauszahlung der Gerichtskosten für die erste Instanz leistet (s. den folgenden Abschnitt „Kosten“). Das Gericht stellt die Klage dem Beklagten oder der bzw. dem im deutschen Patentregister für das Patent eingetragenen Anwältin bzw. Anwalt zu.
  • Mit Zustellung der Klage beginnt die sogenannte „Widerspruchsfrist“, innerhalb derer der Beklagte das Gericht förmlich informieren muss, ob er das Patent verteidigen möchte. Wird kein Widerspruch eingelegt, so kann das Gericht ohne einen weiteren Beitrag des Beklagten eine Entscheidung fällen. Der Kläger muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten ab Einreichung des formellen Widerspruchs die Widerspruchsbegründung einreichen. Darin erwidert der Beklagte in der Sache auf die Klage. Die Frist kann um einen Monat verlängert werden, allerdings nur bei substanziiertem Antrag.
  • Die Parteien reichen gegebenenfalls weitere Schriftsätze ein.
  • So früh wie möglich - wobei das Gericht nicht länger als sechs Monate ab Klagezustellung benötigen sollte - erteilt das Gericht anhand der zwischen den Parteien bisher ausgetauschten Tatsachen und Argumente einen sogenannten „qualifizierten Hinweis“ mit einer vorläufigen Beurteilung des Falles. Der qualifizierte Hinweis bietet dem Kläger einen Anhaltspunkt dafür, ob die bisher vorgebrachten Entgegenhaltungen und Argumente für einen Widerruf des Patents ausreichen, oder ob er weiteres Material vorbringen muss. Andererseits soll der Hinweis für den Patentinhaber als Anzeichen dienen, ob es nötig ist, geänderte Ansprüche einzureichen oder weitere Argumente, Untersuchungsergebnisse etc. vorzubringen, um das Patent erfolgreich zu verteidigen. Insgesamt wird mit dem Hinweis die weitere schriftliche und mündliche Diskussion der Parteien auf die für das Gericht entscheidungserheblichen Gesichtspunkte fokussiert.
  • Der qualifizierte Hinweis kann eine Frist enthalten, innerhalb derer die Parteien zum qualifizierten Hinweis Stellung nehmen können, indem sie neue Argumente/Entgegenhaltungen/Anträge vorbringen und einreichen. Wenn ein paralleles Verletzungsverfahren anhängig ist, ist der qualifizierte Hinweis auch an das Verletzungsgericht weiterzuleiten. Nach Ablauf dieser Frist von den Parteien gemachte Eingaben können als verspätet zurückgewiesen werden.
  • Üblicherweise findet nur eine mündliche Verhandlung statt, die einen halben bis einen ganzen Tag dauert. Die Entscheidung wird im Allgemeinen mündlich direkt am Ende der Verhandlung verkündet. Die schriftlichen Entscheidungsgründe werden innerhalb von zwei bis vier Monaten danach mitgeteilt.
  • Die unterlegene Partei kann gegen die erstinstanzliche Entscheidung innerhalb einer nicht verlängerbaren Frist von einem Monat ab Zustellung der schriftlichen Entscheidungsgründe oder spätestens innerhalb von fünf Monaten nach der mündlichen Verkündung der Entscheidung Berufung einlegen. Die Berufung muss begründet werden, wobei die Begründung innerhalb von drei Monaten nach Zustellung der schriftlichen Entscheidungsgründe beim Berufungsgericht eingehen muss. Diese Frist kann vom Gericht verlängert werden.
  • Für das Berufungsverfahren vor dem Bundesgerichtshof gibt es keinen vergleichbaren verfahrensrechtlichen Rahmen. Jedoch findet auch im Berufungsverfahren normalerweise nur eine Verhandlung statt, an deren Ende üblicherweise die Entscheidung verkündet wird. Mit der Entscheidung wird der Berufung entweder stattgegeben oder die Berufung wird zurückgewiesen. Möglich ist auch eine Zurückverweisung des Falls an das Bundespatentgericht. Die schriftlichen Entscheidungsgründe werden einige Wochen später mitgeteilt. Ein weiteres Rechtsmittel gibt es nicht.

Im Nichtigkeitsverfahren trägt ebenso wie im Verletzungsverfahren die unterlegene Partei die Gerichtskosten und erstattet der obsiegenden Partei ihre gesetzlichen Anwaltskosten und ihre notwendigen Ausgaben, insbesondere Reise- und Übersetzungskosten. Die Erstattung der Kosten für Patent- und Rechtsanwältinnen bzw. -anwälte an die obsiegende Partei folgt einer gesetzlichen Kostenregelung. Nach dieser Regelung hängen die zu erstattenden Anwaltskosten vom sogenannten „Streitwert“ ab. Der Streitwert bestimmt auch die Höhe der Gerichtskosten.

Der Streitwert wird nach Anhörung der Parteien vom Bundespatentgericht bzw. in zweiter Instanz vom Bundesgerichtshof festgesetzt. Er spiegelt den allgemeinen wirtschaftlichen Wert des Patents wieder. Als regelmäßiger Anhaltspunkt wird dabei 125 % der kumulierten Streitwerte von auf demselben Patent beruhenden parallelen Patentverletzungsverfahren festgesetzt.

Das Kostenrisiko einer Partei setzt sich zusam- men aus ihren eigenen Kosten, den möglicher- weise zu erstattenden Kosten des Gegners und den Gerichtskosten. Bei typischen Streitwerten zwischen EUR 500.000 und EUR 5.000.000 liegt das Risiko der Kosten für das Gericht und die Anwaltskosten der Gegenseite im erstinstanzlichen Patentnichtigkeitsverfahren zwischen EUR 40.000 und EUR 240.000. Für höhere Streitwerte (die nur selten festgesetzt werden) steigt das Kostenrisiko linear bis zu einer Obergrenze von etwa EUR 1.300.000. Das Kostenrisiko in der Berufungsinstanz liegt etwa 30 % über demjenigen der ersten Instanz. 
 
Unsere Kanzlei – wie auch die meisten anderen Kanzleien im Bereich des gewerblichen Rechts- schutzes – rechnet die anwaltliche Tätigkeit nach Stunden ab. Abhängig von der tatsächlich anfallenden Arbeit kann dies dazu führen, dass die eigenen Anwaltskosten des Mandanten höher sind als die Anwaltskosten nach der Gebührenordnung. Da im Falle eines gewonnenen Prozesses nur die gesetzlichen Gebühren erstattet werden, kann es vorkommen, dass ein Teil der Kosten von der Mandantin bzw. vom Mandanten zu tragen ist, selbst wenn der Fall gewonnen wird.

Kläger mit Sitz außerhalb der EU müssen, falls der Beklagte dies beantragt, möglichweise eine Sicherheit für den eventuellen Kostenerstat- tungsanspruch an den Beklagten leisten. Es empfiehlt sich daher für Kläger mit Sitz außerhalb der EU, in Erwägung zu ziehen, ein verbundenes Unternehmen mit Sitz innerhalb der EU als Partei im Nichtigkeitsverfahren auftreten zu lassen oder sich auf eine Sicherheitsleistung, beispielweise durch eine Bankbürgschaft, vorzubereiten. Unsere Kanzlei unterstützt Kläger in Zusammenarbeit mit unserer Hausbank dabei, dieses Problem ohne Verzögerung des Verfahrens zu lösen.

Wie bereits erwähnt, kann ein Verletzungsgericht ein Verletzungsverfahren aussetzen, um das Ergebnis eines Nichtigkeitsverfahrens abzuwarten.

Die Entscheidung über eine Aussetzung des Verletzungsverfahrens liegt im Ermessen des Verletzungsgerichts. Ein erfahrenes Gericht setzt das Verfahren nur dann aus, wenn die Richter/-innen es für sehr wahrscheinlich halten, dass das Nichtigkeitsverfahren zum Widerruf des Patents oder zu einer so weitgehenden Beschränkung führt, dass die Verletzung fraglich wird. Hierzu bedarf es im Allgemeinen der Vorlage von Dokumenten zum Stand der Technik, der die Erfindung vorwegnimmt oder ihr so nahe kommt, dass sich vernünftige Argumente für erfinderische Tätigkeit nicht mehr finden lassen, und der weder von der Prüfungsabteilung im Anmeldeverfahren noch von einer Abteilung im Einspruchsverfahren berücksichtigt worden ist.

Das Verletzungsgericht darf vom Nichtigkeitsgericht getroffene Aussagen zu technischen Fragen sowie zur Anspruchsauslegung nicht ignorieren. Allerdings ist im Allgemeinen die vom Bundespatentgericht im Nichtigkeitsverfahren vertretene Auslegung für das Verletzungsverfahren nicht bindend und umgekehrt.

Folglich ergibt sich für den beschuldigten Verletzer das Risiko, in eine „Auslegungslücke“ zu fallen, falls das Verletzungsgericht den Ansprüchen einen weiten Schutzumfang zuspricht während das Nichtigkeitsgericht sie eng auslegt. 

Wird im Nichtigkeitsverfahren ein Argument vorgebracht, so sollte seine Wirkung auf das Verletzungsverfahren immer sorgfältig geprüft werden. Genau deswegen ist fortlaufend eine detaillierte Abstimmung zwischen den das Verletzungsverfahren führenden Rechtsanwältinnen bzw. -anwälten und den das Nichtigkeitsverfahren führenden Patentanwältinnen bzw. -anwälten erforderlich.

Die (angebliche) Nichtigkeit eines Klagepa- tents steht im Patentverletzungsverfahren nicht als Verteidigung zur Verfügung. Das Verletzungsverfahren kann jedoch auf Antrag des Beklagten zumindest bis zur erstinstanzlichen Entscheidung über das Nichtigkeitsverfahren ausgesetzt werden.

Das Patentnichtigkeitsverfahren ist in Deutschland das übliche Gegenstück zu einem Patentverletzungsverfahren. In Anbetracht der hohen Erfolgsquoten wird zumindest in der Mehrheit der wichtigen Fälle ein solcher Angriff auf das Patent eingeleitet. Das Verfahren kann dazu führen, dass das angegriffene Patent für nichtig erklärt, wie erteilt aufrechterhalten oder in geänderter (beschränkter) Fassung aufrechterhalten wird. Eine sorgfältige Recherche des Standes der Technik und überzeugende Eingaben erhöhen die Erfolgsaussichten erheblich.

Die Argumente müssen, insbesondere in Bezug auf die Anspruchsauslegung, mit den Eingaben im parallelen Patentverletzungsverfahren abgestimmt werden. Während Patentverletzungsverfahren von Rechtsanwältinnen bzw. -anwälten bearbeitetet werden, werden Patentnichtigkeitsverfahren regelmäßig von Patentanwältinnen bzw. -anwälten betreut, welche die die Rechtsanwältinnen bzw. -anwälte auch im Verletzungsverfahren unterstützen.

BARDEHLE PAGENBERG vereint auf Augenhöhe beide Professionen in einer Kanzlei, mit Kompetenz und Erfahrung in beiden Arten von Prozessen, in erst- und zweitinstanzlichen Verfahren und mit höchster technischer und juristischer Expertise.

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