Ergänzende Schutzzertifikate

IP Fachbroschüre

Die Laufzeit eines Patents beträgt maximal 20 Jahre. Unternehmen, die zulassungspflichtige Arzneimittel oder Pflanzenschutzmittel entwickeln und vertreiben, sind jedoch durch den aufwändigen Prozess der Zulassung häufig über einen langen Zeitraum daran gehindert, ein Patent zu nutzen, das diese Produkte schützt. Daher hat der Gesetzgeber für diese Gebiete eine Sonderregelung geschaffen, nämlich zwei entsprechende Verordnungen über ergänzende Schutzzertifikate. Diese Verordnungen ermöglichen es, den Patentschutz für ein Erzeugnis, für das eine Zulassung erlangt wurde, um bis zu fünf Jahre zu verlängern.

Nachstehend wir eine Übersicht zu ergänzenden Schutzzertifikaten für Arzneimittel geben.

Grundsätzlich kann ein Patentinhaber ein ergänzendes Schutzzertifikat sogar basierend auf einer fremden Zulassung erlangen. Bei Vorliegen von Daten für eine pädiatrische (kinderheilkundliche) Anwendung können unter bestimmten Voraussetzungen bis zu sechs weitere Monate gewährt werden.

Die Möglichkeit, ergänzende Schutzzertifikate zu erlangen, besteht in fast allen Ländern Europas, in den USA, Japan sowie in einer Reihe weiterer Staaten. Dabei unterscheiden sich die Verordnungen hierzu in den verschiedenen Staaten teils erheblich.

Da viele Arzneimittel erst gegen Ende der Patentlaufzeit an besonderer wirtschaftlicher Bedeutung gewinnen, stellen ergänzende Schutzzertifikate eine wichtige Möglichkeit dar, pharmazeutische Innovationen gegen Nachahmer zu schützen.

Die Laufzeit eines ergänzenden Schutzzertifikats wird ausgehend von dem Zeitraum, der zwischen der Anmeldung des Grundpatents und der Erteilung der ersten Zulassung für das Erzeugnis innerhalb der Europäischen Gemeinschaft liegt, ermittelt. Von diesem Zeitraum werden fünf Jahre abgezogen. Liegt beispielsweise zwischen dem Anmeldetag und dem Tag der Erteilung der Zulassung ein Zeitraum von zehn Jahren, erhält das ergänzende Zertifikat eine Laufzeit von fünf Jahren. Ist der Zeitraum länger, hat das keine Auswirkung auf die Laufzeit, da diese laut Verordnung maximal fünf Jahre betragen kann.

Ein ergänzendes Schutzzertifikat wird für ein Erzeugnis, also einen Wirkstoff oder eine Wirkstoffkombination, erteilt. Abwandlungen der medizinischen Verwendung (Indikation), der galenischen Zubereitung, der zu behandelnden Spezies (Tier oder Mensch) oder der pharmakologischen Wirksamkeit oder Sicherheit bewirken regelmäßig nicht, dass zwei verschiedene Erzeugnisse im Sinne der Verordnung vorliegen.

Grundsätzlich werden Derivate wie Salze oder Ester eines Erzeugnisses von dem Schutzbereich eines ergänzenden Schutzzertifikats mit erfasst. Ist jedoch das Derivat in einem eigenen Patent geschützt, kann unter bestimmten Voraussetzungen für dieses Derivat auch dann ein ergänzendes Schutzzertifikat erteilt werden, wenn für das ursprüngliche Erzeugnis bereits ein Zertifikat erteilt wurde.

Für ein Erzeugnis kann einem Anmelder, unabhängig von der Zahl seiner Grundpatente, grundsätzlich nur ein ergänzendes Schutzzertifikat erteilt werden. Verfügen mehrere Anmelder über mehrere Grundpatente, kann jedem Anmelder ein ergänzendes Schutzzertifikat erteilt werden.

Voraussetzung für die Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats ist die Inhaberschaft an einem Patent, nicht aber an einer Zulassung. Grundsätzlich kann auch eine fremde Zulassung der eigenen Anmeldung für ein ergänzendes Schutzzertifikat zugrunde gelegt werden; dies ist sogar gegen den Willen des Inhabers der Zulassung möglich.

Eine Anmeldung für ein ergänzendes Schutzzertifikat kann innerhalb von sechs Monaten ab Erteilung des Patents bzw. ab Erteilung der Zulassung erfolgen, je nachdem, welche Erteilung später erfolgt. Allein diese Tatsache macht deutlich, wie wichtig eine gut abgestimmte Zusammenarbeit zwischen der Patentabteilung und der Zulassungsabteilung eines Unternehmens ist.

Grundsätzlich können ergänzende Schutzzertifikate wie Patente eingesetzt werden: Der Inhaber kann jedem Dritten die Benutzung des geschützten Erzeugnisses verbieten und die Verletzung kann vor Gericht verfolgt werden. Andererseits kann auch eine Nichtigkeitsklage gegen ein ergänzendes Schutzzertifikat erhoben werden.

Das ergänzende Schutzzertifikat folgt der Kategorie des zugrundeliegenden Patents: Ist das Grundpatent ein Stoffpatent, ist durch das ergänzende Schutzzertifikat ebenfalls der Stoff geschützt; ist durch das Grundpatent ein Verfahren geschützt, so erstreckt sich der Schutz des ergänzenden Schutzzertifikats ebenfalls nur auf das Verfahren; ist schließlich durch das Grundpatent eine Verwendung geschützt, so erstreckt sich der Schutz des ergänzenden Schutzzertifikats ebenfalls nur auf die Verwendung.

Bereits bei der Planung und Gestaltung eines Patent- sowie Zulassungsportfolios sollten die Anforderungen der Verordnung für ergänzende Schutzzertifikate sorgfältig beachtet werden. Am 1. Juli 2019 trat betreffend ergänzende Schutzzertifikate für Arzneimittel eine wichtige Änderung der entsprechenden Verordnung in Kraft. Die Änderung sieht vor, dass ergänzende Schutzzertifikate keinen Schutz (mehr) gegen die Herstellung von Arzneimitteln gewähren, die für die Ausfuhr in Länder außerhalb der Europäischen Union bestimmt sind. Weiterhin kann ein eigentlich durch ein ergänzendes Schutzzertifikat geschütztes Arzneimittel frühestens sechs Monate vor Ablauf des entsprechenden ergänzenden Schutzzertifikats hergestellt und gelagert werden, um es nach Ablauf des ergänzenden Schutzzertifikats in der Europäischen Union in Verkehr zu bringen.

Veröffentlicht im